Montag, 14. März 2011

Die Stalker-"Trilogie"

Ich bin jemand, der gerne über Hintergründe Bescheid weiß und sich deshalb auch dementsprechend informiert - Wenn ich einen interessanten Film gesehen habe, lese ich danach meist im Internet darüber nach. Auf diese Weise erfährt man nicht nur von versteckten Gags und nicht offensichtlichen Zusammenhängen, die man sonst übersehen hätte, sondern erhält auch oft Einblick in die Vorlage beziehungsweise Inspiration des Werkes. Eben diese Vorlage kann sich dann in vielen Fällen als genauso interessant - wenn nicht sogar interessanter - als das Ausgangswerk selbst herausstellen.
So brachte mich beispielsweise ein Dagobert Duck-Comic (von wegen kindisch!) des genialen Zeichners Don Rosa dazu, den finnischen Nationalepos "Kalevala", der übrigens auch eine große Inspiration für J. R. R. Tolkien darstellte, zu lesen.


Als ich mir nun eines Tages in der Schule, als der Unterricht wieder einmal unglaublich sinnlos war, die Zeit mit Wikipedia-Zufallsartikeln vertrieb (durch die ich schon kuriose Dinge wie die Wunderbeere zu Tage gefördert habe), stieß ich auf den Artikel zu einem sowjetischen Film namens Stalker aus dem doch schon verhältnismäßig lang vergangenen Jahr 1979. Sofort habe ich mir einen gewissen Schulkollegen zu Rate geholt, der die Videospiel-Serie mit dem ähnlichen Namen "S.T.A.L.K.E.R." genauso vergöttert wie ich die "Gothic"-Reihe.
Und tatsächlich - Obwohl wir es anfangs gar nicht erwartet hätten, erkannten wir nach Lesen der Inhaltsangabe, dass zwischen Film und Spiel tatsächlich ein Zusammenhang besteht.

Kurz zu S.T.A.L.K.E.R.: Der erste Teil, "Shadow of Chernobyl", spielt in der sogenannten Zone um das AKW Tschernobyl, die bevölkert ist von Mutanten, schießwütigen Banditen und verschiedenen Fraktionen von "Stalkern", herumziehenden Sammlern von seltenen Artefakten, kämpfend einerseits gegen die Regierung und andererseits gegen die unbarmherzige Zone voller tödlicher Anomalien und monströser Gegner.
Auch wenn das Spiel bei weitem nicht perfekt ist, hat es doch eine stimmige Atmosphäre und vor allem gegen Ende eine tolle Story.
Aufgrund meiner schon in der Einleitung erwähnten Vorliebe hatte ich natürlich sofort das Verlangen, mir den entdeckten Stalker-Film zu Gemüte zu führen, der, wie ich annahm, die Vorlage für das Videospiel darstellt.
Als ich allerdings im Internet auf keine vernünftige Version stieß, ließ ich dieses Unterfangen bleiben und wandte mich "wichtigeren" Dingen zu.

Bis mich mein Vater plötzlich darum bat, Filme eines gewissen sowjetischen Regisseurs namens Andrei Tarkowski zu downloaden. Bei diesem Namen klingelte es bereits bei mir - und tatsächlich, eines seiner Werke: Stalker.
Dermaßen gestalkt von Stalker kam ich natürlich nicht darum herum, mir den Film schließlich doch anzusehen, nachdem sich mein Vater dazu entschloss, sich gleich eine Collection von Tarkowski-Filmen zu kaufen.
Screenshot aus dem Film

Auch der Film spielt in einer Zone, logischerweise jedoch nicht in Tschernobyl (auch wenn in einer Szene interessanterweise im Hintergrund scheinbar die Kühltürme eines AKWs zu sehen sind) und handelt von "Stalker", einem Mann, der Frau und Kind ernährt mit illegalen Ausflügen in die abgesperrte Zone. Seine Kunden, zur Zeit der Handlung ein Wissenschaftler und ein Schriftsteller, führt er, vorbei an den Gefahren des wundersamen Gebiets, zu einem geheimnisvollen Raum, in dem Wünsche wahr werden.
Die Zone wurde, im Vergleich zum Videospiel, im Film vergleichsweise harmlos dargestellt - Unbewohnte Landstriche und überwachsene Industrieruinen bilden hier den mysteriösen Ort der Handlung, was allerdings der Atmosphäre keinen Abbruch tut, im Gegenteil: Dichter und schöner  könnte die Stimmung nicht sein, und trotzdem fühlt man die ominöse Bedrohung, die von der Zone ausgeht. Dies liegt auch zum Teil am subtilen, harmonischen Soundtrack, der sich wundervoll einfügt.

Die langen, langsamen Kamerafahrten tragen ihr Übrigens zur perfekten Stimmung bei, die dieser Film zweifelsohne schafft.
Stalker ist allerdings mehr als nur Augenschmaus - Auch inhaltlich und vor allem philosophisch bietet Tarkowskis Werk viele Ansätze und regt zum Mit- und Nachdenken an.

So begeistert von diesem besonderen Film habe ich auch hier recherchiert und bin auf die Buchvorlage, verfasst von den Brüdern Arkadi und Boris Strugazki, gestoßen: Picknick am Wegesrand heißt das gute Stück, das ich mir dann natürlich auch gleich gekauft habe.

Auch diese Geschichte spielt - wie sollte es anders sein - in einer Zone. Einer von sechs, offenbar außerirdischen Ursprungs, um genau zu sein.
Hier ist die Zone wieder gefährlicher und weniger einladend als im Film, und generell scheint sich die Videospiel-Reihe eher am Roman inspiriert zu haben.
Die Hauptperson ist der "Schatzgräber" (im Russischen "Сталкер" - "Stalker") Roderic Schuchart, der illegal Artefakte aus dem Sperrgebiet schmuggelt und sich dabei nicht nur allerlei unnatürlichen Gefahren, sondern auch dem Gesetz und seiner Umwelt stellt.
 Anfangs aus der Ich-Perspektive erzählt, wechselt die Erzählung später in die dritte Person und verfolgt auch einen Abschnitt lang die Handlungen einer zweiten Figur, bevor sie am Ende zurückkehrt zur Hauptfigur.

So viel ich über das Buch auch sagen könnte, am Besten hat sich der polnische Autor Stanisław Lem ausgedrückt:
„In 'Picknick am Wegesrand' ist der kosmische Besuch nicht eine Seltsamkeit um der Seltsamkeit willen, sondern er legt die Ausgangsbedingungen für ein Gedankenexperiment auf dem Gebiet der 'experimentellen Geschichtsforschung' fest, und gerade das macht den Wert dieses Buches aus.“

Alle drei Medien und ihre Art der Verarbeitung des prinzipiell gleichen Konzepts sind auf ihre Weise gelungen umgesetzt worden und auf jeden Fall empfehlenswert.

1 Kommentar:

Lucie hat gesagt…

Ich danke vielmals! :D